Digitale Transformation
Warum PayPal mehr wert ist als zwei deutsche Banken
27 Transaktionen im Quartal
Nach Vorlage der Quartalszahlen für Q4/2015 haben die Investoren ein klares Urteil gefällt: PayPal gehört die Zukunft. Traditionsreiche, etablierte Banken hingegen müssen sich Sorgen machen. Sie brauchen dringend neue Erlösquellen und zukunftsträchtige Geschäftsmodelle.
Während die Deutsche Bank noch den größten Verlust der immerhin 146-jährigen Firmengeschichte verdaut, prescht PayPal, gegründet 1998, nach dem Spin Off von eBay weiter voran. Die Investoren an den Finanzmärkten haben eine eindeutige Meinung: PayPal wird aktuell mit rund 40 Milliarden Euro bewertet. Die Deutsche Bank ist knapp 23 Milliarden Euro wert. Es braucht also zusätzlich den Wert der Commerzbank, knapp 10 Milliarden Euro, um auch nur in die Nähe der Kapitalisierung von PayPal zu kommen. Wie konnte es dazu kommen? Wie kann ein Unternehmen, dass noch nicht einmal 20 Jahre existiert, fast dreihundert Jahre Erfahrung im Bankenbereich schlagen? Warum ist also PayPal mehr Wert als zwei DAX30 notierte Banken?
PayPal hat sich neu erfunden. Vom reinen E-Commerce-Dienstleister und Payment Provider ist es zum Rückgrat mobiler Payment-Lösungen geworden. Venmo, die zum Konzern gehörende, mobile P2P-Payment-App, konnte binnen Jahresfrist ein Wachstum von 174 Prozent verzeichnen und wickelt mittlerweile Zahlungen im Wert von über 2,5 Milliarden US-Dollar pro Quartal ab. PayPal selbst verarbeitet 20 Milliarden US-Dollar an Zahlungen binnen drei Monaten.
Interessant ist, dass die PayPal-Nutzer im Quartal rund 27 Transaktionen pro aktivem Konto durchführen, dies entspricht fast zehn pro Monat – deutlich mehr, als viele Menschen Überweisungen ausführen. PayPal hat sich mit den Transaktionen in den digitalen Alltag der Nutzer integriert. Dies ist bisher noch keiner Bank überzeugend gelungen.
Auf diese Weise hat es PayPal sogar geschafft, in den Kernbereich des Bankensektors vorzudringen: den Zahlungsverkehr. Dieser gilt zwar meist als langweilig und bieder, stellt jedoch in den meisten Fällen die Basis der Kundenbeziehung zwischen Konsument und Bank dar. Wenn diese Beziehung nun derart angegriffen wird, droht den Banken mittelfristig das Geschäftsmodell abhanden zu kommen.
Auf Paydirekt, den selbst ernannten PayPal-Killer der deutschen Banken, sollte die Branche keine allzu großen Hoffnungen setzen. Aktuell kann man in 23 (!) E-Commerce-Shops mit diesem Service bezahlen. Weder gibt es zentrale Vertriebs- oder Marketing-Aktivitäten, noch überzeugende mobile Services. Letztere jedoch sind Wachstumstreiber für PayPal und Co.
Innovativen Lösungen entlang der Kundenbedürfnisse und alltagstauglichen Services gehört die Zukunft im Finanzsektor. Zeit für die etablierten Banken, aus dem Winterschlaf zu erwachen. Sonst werden sie eines Tages von einem Start-up übernommen – und nicht umgekehrt.