Technology
Plattformen für den internationalen Rollout
Synergien über Märkte hinweg schaffen
Digitalisierung ist für den deutschen Mittelstand ein wichtiges Thema. Viele Unternehmen fürchten, beim hohen Tempo der Veränderungen nicht mithalten zu können. Rund ein Drittel befindet sich bisher noch in einem Grundstadium der Digitalisierung, ergab eine Studie von KfW Research. Worauf Mittelständler achten müssen, die eine digitale Plattform für internationale Märkte launchen möchten, erklärt Ulrich Bartholmös, Managing Director der UDG.
Vor welchen digitalen Herausforderungen steht der Mittelstand?
Ulrich Bartholmös: Viele international agierende Mittelständler geraten im Rahmen der Digitalisierung in Zugzwang, weil sie ihre Marke in der digitalen Welt nicht optimal präsentieren. Oft existieren in unterschiedlichen Märkten historisch gewachsene Auftritte, deren Plattformen sich im Reifegrad stark unterscheiden. Während die Ländervertretungen, die zum Teil eigenständig agieren, eine schnelle Lösung für den lokalen, digitalen Marktauftritt fordern und umsetzen, möchte die Zentrale in Deutschland eine einheitliche Lösung vorantreiben, die zentral entwickelt und implementiert wird. Das hebt Synergien für alle Märkte, lässt aber auch Druck entstehen und die Erwartungshaltung steigen. Da hilft es, wenn wir mit unseren Kunden Plattform-Projekte zeitlich sehr verlässlich planen und auf den Punkt liefern. Für die internationalen Stakeholder verlängert sich aufgrund der höheren Komplexität zwar die Time-to-Market, der konsistente Markenauftritt bringt jedoch nachhaltige Vorteile.
Wie gelingt es, im Zeitplan zu bleiben?
Ulrich Bartholmös: Plattform-Projekte sind sich im Rollout sehr ähnlich. Auch wenn sie für verschiedene Kunden aus verschiedenen Branchen durchgeführt werden, hilft uns unsere Erfahrung. Zu unseren Aufgaben gehört neben der Steuerung immer auch das Erwartungsmanagement. Wir sind gefragt, die Komplexität einer internationalen Plattform in all ihren Facetten einzuschätzen und Abhängigkeiten aufzuzeigen. Dazu kommen besondere Anforderungen für einige Märkte, zum Beispiel für die sichere und performante Auslieferung von Inhalten.
Welche Länder sind besonders schwierig?
Ulrich Bartholmös: China zum Beispiel. Zuweilen werden IP-Adressbereiche oder Inhalte mit bestimmten Schlüsselworten von der Regierung blockiert. Hier helfen uns unsere Kompetenzen im IT-Operations- und Datacenter-Umfeld: Wir nutzen deshalb Anbindungen und Content-Delivery-Lösungen, die die Inhalte unserer Kunden verlässlich und schnell auch in China ausliefern können.
Worauf muss ich bei einer internationalen Plattform noch achten?
Ulrich Bartholmös: Die Individualität der Märkte und die Globalisierung. Wurden früher Wartungsarbeiten an den Systemen in die Nachtstunden durchgeführt, müssen Kunden heute beachten, dass ein Mitarbeiter in Südamerika informiert werden muss, um zu seinen Bürozeiten nicht bei der Arbeit im System unterbrochen zu werden.
Und wir sind mit den Herausforderungen konfrontiert, dass Live-Streams und Videos überall auf der Welt mit hoher Geschwindigkeit und Qualität ausgeliefert werden müssen, auch wenn nicht überall Breitbandverbindungen verfügbar sind.
Wie wird das erreicht?
Ulrich Bartholmös: Je nachdem, welche Märkte bedient werden sollen, verwenden wir technische Lösungen, die Geräteklasse, Verbindungsgeschwindigkeit und weitere relevante Faktoren binnen Millisekunden vor der Auslieferung bewerten können, sodass wir die auszuliefernde Größe und Qualität von Medieninhalten wie Bildern und Videos noch variieren können, bevor die ersten Pakete vom Betrachter geladen werden. So können die Angebote schnell laden und attraktiv aussehen, auch wenn die Verbindungsqualität oder die Geschwindigkeit eingeschränkt sind.
Was ist bei internationalen Projekten noch zu beachten?
Ulrich Bartholmös: Wichtige Fragen sind: Gibt es eine übergreifende, internationale Online-Marketing-Strategie oder lokale Ausprägungen? Wie unterscheiden sich die Conversion-Ziele von Land zu Land? In China zum Beispiel hat Google keinen signifikanten Marktanteil, dort kommen die Besucher über die Suchmaschine Baidu. In Russland hat im Bereich Social Media vk.com eine größere Reichweite als Facebook. Hierfür beraten wir, ziehen unsere Social-Media-, SEO- und SEA-Experten zu Rate und profitieren von unserem Erfahrungsschatz.
Noch eine Frage zur Technik: Auf welches Content-Management-System sollten Unternehmen für marktübergreifende Plattformen setzen?
Ulrich Bartholmös: Wir beraten technologieneutral. Welches System wir empfehlen, hängt auch davon ab, welche Technik der Kunde bereits einsetzt und welche Anforderungen er im Detail hat. Denn bevor ein Unternehmen eine Plattform auswählt, sollte es seine Bedürfnisse genau analysieren. Einige Firmen möchten nur ihre digitalen Präsenzen in den unterschiedlichen Ländern auf einer technischen Plattform konsolidieren, andere dagegen zusätzlich die komplette Kontrolle über die Inhalte auf allen Webseiten behalten. Für eine Vielzahl unserer Kunden implementieren wir beispielsweise Lösungen auf Basis der Content-Management-Systeme FirstSpirit, Sitecore, Adobe Experience Manager oder TYPO3 – die Entscheidung für das passende System fällt individuell und fallbezogen.
Welche Vorteile bringt die Konsolidierung auf ein System mit sich?
Ulrich Bartholmös: Know-how- und Kostensynergienen, Homogenität im technischen Portfolio und umfassende Verschlankungen in den Workflows. Grundsätzlich gilt: Je größer der Anteil des Contents, der in allen Ländern identisch ist, umso einfacher die Umsetzung der Rollouts. Stimmen jedoch die Geschäftsbereiche in den Märkten nicht überein, weil das Unternehmen unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen anbietet, hat das Auswirkungen darauf, wie die technische Plattform beschaffen sein muss. Schließlich geht es darum, möglichst viele Synergien zu heben, auch wenn sich die Präsenzen in den Ländern maximal unterscheiden und individualisiert werden sollen.
Über den Experten:
Ulrich Bartholmös schafft für Unternehmen technologische Lösungen, um im internationalen Wettbewerb die Effizienz des Business zu steigern. Als Managing Director der UDG United Digital Group verantwortet er Technology-Projekte und den Data-Center-Betrieb. Gemeinsam mit Heinz Stoll leitet er seit Februar 2016 das Office in Herrenberg.