Digitale Transformation
Markenvertrauen und Kundenerlebnis
„Vertrauen kommt von Vertrautheit“
Warum befinden sich Marken in der Vertrauenskrise? Und wie können sie diese überwinden? Das erklärt Uwe Munzinger von Sasserath Munzinger Plus. Die Markenberatung hat gemeinsam mit der UDG United Digital Group untersucht, welchen Marken die Deutschen vertrauen – und welche ihnen das beste Kundenerlebnis bieten. Der “Brand Experience + Trust Monitor 2016” wurde heute veröffentlicht.
Marken sind in einer Vertrauenskrise – woran liegt das?
Uwe Munzinger: Das liegt sowohl an der Welt, in der wir leben, als auch an den Marken selbst. Viele Menschen leiden unter der Unsicherheit, die unsere Zeit prägt. Sie fühlen sich verunsichert, sowohl in sozio-ökonomischer als auch in politischer Hinsicht. Dazu kommt, dass viele Marken das Vertrauen der Konsumenten verspielt haben. Nehmen wir zum Beispiel Volkswagen, dort folgt ein Skandal dem anderen. Wenn eine Marke, mit der wir aufgewachsen sind, uns hintergeht, fühlt sich das wie ein Betrug durch die eigenen Eltern an.
Wie grundlegend ist die Krise der Marken?
Uwe Munzinger: Dem „Brand Experience + Trust Monitor“ zufolge, den wir gemeinsam mit der UDG United Digital Group erstellen, haben im vergangenen Jahr mehr Marken an Kundenvertrauen verloren als gewonnen. Wir müssen genau beobachten, wie sich das entwickelt.
Gibt es Branchen, die besonders viel Vertrauen eingebüßt haben?
Uwe Munzinger: Die Automobilbranche hat in den vergangenen Jahren die Hälfte des Vertrauens eingebüßt, da ist auch kein Ende in Sicht. In diesem Jahr sind zudem die Smartphone-Hersteller betroffen. Der Branche fehlen derzeit die Innovationen. Samsung haben zusätzlich die Berichte über Explosionsgefahr von Akkus zu schaffen gemacht, und Apple hat zwar schon immer polarisiert, ist jedoch inzwischen ein bisschen langweilig geworden und konnte im vergangenen Jahr auch seine Fans nicht durch Neuerungen überzeugen.
Stark verloren hat auch Air Berlin, die Lufthansa trotz mehrtägiger Streiks jedoch nicht.
Uwe Munzinger: Da zeigt sich, wie stark die Lufthansa als Marke ist. Die Vertrauenswerte sind in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Weder der Absturz der Germanwings-Maschine noch die Streiks werden dem Unternehmen angelastet, sondern einem Einzeltäter bzw. den Piloten und der Gewerkschaft. Das Vertrauen in Air Berlin, das seine Marke nicht über Jahrzehnte aufgebaut hat, wurde jedoch durch die medial stark diskutierten wirtschaftlichen Probleme sofort stark belastet.
Wie erobern Marken das verlorene Kundenvertrauen zurück?
Uwe Munzinger: Marken schaffen Vertrauen nur über positive Erlebnisse. Sie müssen realistisch sein und die Versprechen, die sie geben, konsequent halten. Das dauert seine Zeit, schließlich hängt Vertrauen auch mit Vertrautheit zusammen und Menschen müssen erst die Gelegenheit bekommen, positive Erfahrungen mit einer Marke zu machen. Der Vertrauensgewinn der Mobility-Anbieter wie DriveNow oder car2go zeigt jedoch, dass dies in wenigen Jahren möglich ist.
Unter den Digitalunternehmen in der Studie schneidet Amazon.de am besten ab. Was macht das Unternehmen richtig?
Uwe Munzinger: Das Vertrauen in Amazon.de weist über die Jahre betrachtet einen interessanten Verlauf auf. Vor drei Jahren war die Marke auf Platz eins, ist dann durch die Berichte über Arbeitsbedingungen abgerutscht und hat sich dieses Jahr wieder auf Platz drei hochgearbeitet. Damit ist der Online-Händler mit Abstand die beste Internetmarke. Der dauerhafte Aufwand zahlt sich aus, den das Unternehmen betreibt, um die Customer Experience stetig zu verbessern und mit neuen Ideen, vor allem im Bereich Logistik, das Einkaufen schöner zu machen.
Warum befinden sich eigentlich so wenige Digitalmarken auf den vorderen Plätzen?
Uwe Munzinger: Viele Menschen legen großen Wert auf das physische Erleben von Marken und die Möglichkeit, Produkte nicht nur virtuell, sondern auch multisensorisch zu erfassen. Das erklärt auch das gute Abschneiden der Händler wie dm oder Rewe.
Welche Marken beim Vertrauen auf den ersten Plätzen liegen und welche in der Gunst der Verbraucher verloren haben, zeigt der „Brand Experience + Trust Monitor 2016“.